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Veröffentlicht am 14. März 2016

Das 14. Jahrhundert gilt als Krisenzeit des Mittelalters. „Dramatisches Jahrhundert“ nannte es die amerikanische Historikerin Barbara Tuchman in ihrem Klassiker „Der ferne Spiegel“. Der Hundertjährige Krieg zwischen Frankreich und England, in der Kirche die „Avignonesische Gefangenschaft“ und das große abendländische Schisma, Pestepidemien und Naturkatastrophen – war das alles aber nur eine dunkle Epoche?
Humanismus und Renaissance nahmen ihren Anfang, Giotto di Bondone ragt als Wegbereiter der neuzeitlichen Malerei hervor, in der Literatur Giovanni Boccaccio, dessen „Decamerone“ nachhaltig die abendländische Literatur beeinflusste. Die Vorstellung von Liebe, wie sie in Boccaccios „Decameron“ in die Welt trat, hatte unabsehbare Folgen für das neu sich herausbildende Verständnis von Passion und Begehren. An die Stelle der traditionellen Betonung der „überirdischen“ Liebe tritt nun eine geradezu revolutionäre Erklärung zugunsten der „irdischen“. Wird Liebe freilich als soziales Spiel und Anlass von Täuschung verstanden, bedarf es einer neuen Theorie: Es entsteht ein poetisch gefärbtes Modell der Intersubjektivität.
Die Journalistin Angelika Irgens-Defregger schrieb in ihrem Bericht über die Veranstaltung: Die Liebe beschreibt Boccaccio als einen natürlichen Vorgang. „An die Stelle der Liebe als metaphysisches Weltgesetz und Aufstieg zu Gott tritt die Liebe als naturgemäßer Trieb und Drang. Mitverantwortlich für die Liebe: die Schönheit der Frau, die schon damals hauptsächlich im Auge des männlichen Betrachters lag. Die Theologen des Mittelalters sahen in ihr ein sekundäres und noch dazu unehrenhaftes Motiv für die Ehe, weil diese ihrer Meinung nach die Vernunft eines Mannes zu betäuben in der Lage sei. Bei Boccaccio hingegen wird die Schönheit der Frau nicht nur als ehrenhaftes Motiv bezeichnet, sie wird sogar zum primären Motiv, weil sich an ihr die Liebe entzündet.“